Katja Kipping: Einmischen statt meckern

© photocultur

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Im vorigen Jahr hat ein bekanntes Nachrichtenmagazin ein Ranking der Berufsstände veröffentlicht, bei dem für die Platzierung das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger maßgeblich war. Sie ahnen sicher, was jetzt kommt: Mit 15,1% sind Politiker ganz am Ende des Rankings gelandet. Selbst Versicherungsvertreter genießen mehr Vertrauen, als Politikerinnen und Politiker. Ich finde ja, dass hier etwas nicht stimmt, im Lande, wenn den gewählten Vertretern des Volkes weniger vertraut wird, als einem Profifußballer, der es immerhin auf 38,8 % Vertrauen bringt.

Aber es muss wohl tatsächlich so sein – denn ein Markt- und Meinungsforscher ist mit 58,1% immerhin fast viermal so vertrauenswürdig, wie eine Politikerin – also z.B. als ich! Ich würde Ihnen deshalb dringend empfehlen, meine eben gemachten Angaben gleich zu überprüfen! Man kann ja nie wissen!

Schwerer noch als das geringe Ansehen von Politiker_innen wiegt die steigende Zahl an Nichtwählenden. Es kann uns nicht kalt lassen, wenn bei Landtagswahlen, wie kürzlich in Bremen, nicht mal mehr jeder zweite an der Wahl teilnimmt.

Ich meine, wir müssen hier tiefgründig analysieren. Wenn Politik den Eindruck hinterlässt, es gäbe sowieso keine Alternative zur Verwaltung des Sachzwangs, stärkt das nicht gerade die Begeisterung für Wahlen.

Zudem ist auffällig, dass der Anteil der Einkommensschwachen an den Nichtwählenden steigt. In sozialen Brennpunkten ist die Wahlbeteiligung besonders gering. Ebenso ist es kein Zufall, dass z.B. in Stadträten von Großstädten jene Stadtviertel mit den höchsten Einkommen überproportional mit Stadträten oder Stadtverordneten vertreten sind. Dabei sind Stadtteile mit Bewohnern mit niedrigem Einkommen ganz besonders auf politische Vertretung angewiesen, sie benötigen

– ein Bildungssystem, bei dem die Bildungschancen nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen

– eine Sozialpolitik, die Armut sicher verhindert

– ein Gemeinwesen, das Bus und Bahn preiswert oder gar kostenlos anbietet

Wenn wenigstens die Wahlverweigerung zu einem Nachdenken oder zu besonderen Anstrengungen für mehr soziale Gerechtigkeit führen würde. Aber mein Eindruck ist, die Politik zieht genau den umgekehrten Schluss daraus: Wer nichts fordert, will auch nichts haben. Insofern kann ich nur empfehlen, den möglichen Unmut über die Politik auf andere Art, als durch Wahlenthaltung zum Ausdruck zu bringen. Manchmal ist es ja schon ein Anfang, sich mit anderen zu verbünden, Bürgerinitiativen zu gründen oder die Medien auf krasse Fälle sozialer Benachteiligung und Ausgrenzung hinzuweisen.

Umso trauriger macht mich der vorübergehende Erfolg von PEGIDA in Dresden. Ich sage es ganz deutlich: Wer seinen Unmut über gesellschaftliche Zustände auf Minderheiten und die sozial Schwächsten kanalisiert, hat einfach nicht verstanden, wer ihm das Leben wirklich schwer macht. Wer gemeinsam mit Nazis demonstriert, führt seine Forderung nach mehr Demokratie ad absurdum: Er wird zu einer Karikatur seiner selbst.

 

Katja Kipping, 37, ist seit 2005 Mitglied des Deutschen Bundestages und seit 2012 gemeinsam mit Bernd Riexinger Parteivorsitzende der Partei Die Linke.

3 Gedanken zu “Katja Kipping: Einmischen statt meckern

  1. Es wäre vor allem an den Abgeordneten der Koalition, jetzt Kante zu zeigen, wenn es um Benennung eines „Sonderermittlers“ für diese Selektoren geht. Denn wenn das zugelassen wird, werden alle Werbemaßnahmen fürs Wählen gehen für die Katz sein. Warum sollen die Leute ihr Wahlrecht wahrnehmen, wenn die gewählten Vertreter nicht einmal ihren Pflichten nachgehen?

    Um Konstantin von Notz zu zitieren:

    „Die Abgeordneten verstehen sich wirklich wie die Leibgarde ihrer Regierungen. Das hat zu einer totalen Verzwergung des Parlaments geführt.“

    Quelle: https://krautreporter.de/793–wer-kontrolliert-hier-eigentlich-wen

  2. Die Politik muß wieder dazu kommen, die Interessen der Wähler zu vertreten und nicht ihre eigenen oder der von Lobbyisten. Solange das nicht der Fall ist, wird die Wahlbeteiligung weiter sinken und die radikalen Ränder im politischen Spektrum zunehmen. Da nützten auch keine Tricks wie die Ausweitung des Wahlrechts auf Minderjährige etc.

  3. Klaus Ulrich Warner

    Kritische Gedanken zu “Katja Kipping: Einmischen statt meckern”

    DIE LINKE und der SOZIALISMUS a la DDR hat mit Demokratie nichts im Sinn !

    DIE LINKE hat nichts aus dem politischen und wirtschaftlichen Niedergang der DDR unter ihrer Führung, dazumal als SED und bis 2007 SED/PDS, gelernt.

    Beweis:
    Mit ihrem Sozialismus ist DIE LINKE in der DDR gescheitert, ihr aktuelles Parteiprogramm beinhaltet das Ziel, Sozialismus (Zitat, Quelle Parteiprogramm d. DIE LINKE: ….Wir gehen aus von den Traditionen des Sozialismus,….)

    Die alten Genossen der SED arbeiten weiter in der DIE LINKE oder im Untergrund, getarnt in nicht wenigen Organisationen und Systemen. Das sind die selben Genossen, die dazumal im Klassenkampf die RAF unterstützt hatten.

    In ihrem Parteiprogramm wird zwar eine Abkehr vom Stalinismus erklärt. Der Stalinimus ist jedoch nur eine brutalere Spezialform der Staatstheorie des Kommunismus/Sozialismus. Mit dem Ableben des Diktators Stalin endete der Stalinismus ohnehin. Am Ende der DDR gab es diesen schon gar nicht mehr in dieser Ausprägung.

    In der DDR war immer die Rede vom Sozialismus. Von dieser Idee hat sich DIE LINKE nicht verabschiedet. Alleine die Tatsache der Existenz der DIE LINKE und der Blick in das Parteiprogramm belegen, dass sie immer noch aktiv einen gesellschaftlichen Systemwechsel anstrebt nach der Doktrin des Marxismus/Leninismus (M/L). Eine Abkehr vom M-L hat DIE LINKE insbesondere nicht vollzogen.

    Schon der Name, DIE LINKE, ist das Synonym für die Staatstheorie des M/L in Verbindung mit der Marx’schen Lehrmeinung, die im „Kapital“ dokumentiert ist.
    Weder nach dem Kapital, also dem Marxismus, noch nach dem Leninimus sind demokratischer Systemwandel vorgesehen, sonders es wird „Klassenkampf“ und „Diktatur des Proletariat“ abgestellt.

    Dies alles verschweigt DIE LINKE aus taktischen Erwägungen, um ihre Strategie zur Machtübernahme irgendwann in der Zukunft nicht zu gefährden. Auch, weil sie sich bewusst ist, dass die Mehrheit der Deutschen einen Sozialismus a la DDR ablehnen würde.

    Nach der Doktrin des M/L ist das Ziel ein „Weltkommunismus“. Der sogenannte bisherige Weltkommunismus hat mehr als 100.000.000 Tote hinterlassen. (1)

    (1) Quelle: http://www.gegenstandpunkt.com/gs/1998/1/gs19981c02h2.html

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