1. Wer bist du und was waren die Beweggründe für die Gründung deiner Initiative?
Mein Name ist Mareice Kaiser, ich bin 33 Jahre alt und lebe als Journalistin und Mutter von zwei Kindern – mit und ohne Behinderungen – in Berlin. Als ich für meine behinderte Tochter endlich einen Kitaplatz gefunden hatte und dadurch wieder arbeiten konnte, gründete ich das Kaiserinnenreich, mein inklusives Familienblog. Mir fehlte eine Seite im Netz, auf der über das ganz normale Leben einer Familie mit behinderten Kind berichtet wird – über die Behinderungen (bürokratische Komplikationen, Barrieren im Alltag, Krankenhaustage) und die schönen Szenen (Begegnungen mit Menschen, dieses Kind, Liebe). Ich wollte zeigen, dass Glück möglich ist, auch mit einem behinderten Kind. Meine behinderte Tochter gehört so selbstverständlich zu unserer Familie wie meine nicht behinderte Tochter. Das würde ich mir auch für unsere Gesellschaft wünschen, deshalb erzähle ich im Kaiserinnenreich über unseren Alltag, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf unter besonderen Herausforderung, das Leben mit einem Pflegedienst in den eigenen vier Wänden, über die Barrieren in den Köpfen, Inklusion von Anfang an, Rollenverteilung und Care-Arbeit. Um ein breites Spektrum an Leben mit behinderten Kindern zu zeigen, stelle ich auch andere Mütter behinderter Kinder in Porträts vor.
2. Was konntest du erreichen, wo bist du auf Hindernisse gestoßen?
Mich erreichen Mails von Leser*innen, die ich mit meinen Texten erreichen konnte. Familien, die ermutigt wurden, mit ihren pflegebedürftigen Kindern zu verreisen. Eltern, die sich nun trauen, offener mit der Behinderung ihres Kindes umzugehen. Menschen, die durch meine Texte ermutigt wurden, Unterstützung zu beantragen, die ihnen zusteht. Eltern, die sich verstanden fühlen in ihrer Trauer und ihrem Glück. Menschen, die sich nicht mehr alleine fühlen. Gerade am Anfang, wenn ein behindertes Kind geboren wird, fühlen sich Eltern oft sehr alleine, das weiß ich aus eigener Erfahrung. Mein Blog kann da ein kleiner Anker sein. Das berührt mich jedes Mal.
Ab und zu erreichen mich behindertenfeindliche Kommentare. Sie sind für mich aber nur ein Ansporn, weiter zu den Themen Inklusion, Feminismus und Familie zu publizieren. Ich spreche mittlerweile auch öffentlich zu diesen Themen und freue mich, dass meine Stimme gehört wird.
3. Welchen Rat kannst du anderen geben?
Ich wünsche mir eine Gesellschaft, in der Behinderung kein Tabuthema mehr ist. In der alle Menschen willkommen sind – egal, welcher sozialen Herkunft, welcher Hautfarbe, welcher sexueller Orientierung, welches Geschlecht, ob mit oder ohne Behinderung. Eine Gesellschaft, in der Inklusion keine Utopie ist. Ich glaube, dass der Weg dorthin nur über Austausch geschafft werden kann. Wenn wir miteinander im Gespräch sind und miteinander leben, werden Barrieren automatisch überwunden. Das kann offline sowie auch online klappen.
4. Was erwartest du von unserer Initiative Demokratie Plus?
Demokratie bedeutet für mich, eine Stimme haben und sie zu nutzen. Ich wünsche mir vielfältigere Stimmen – in der Politik, in den Medien und auf der Straße.
Mareice Kaiser, Jahrgang 1981, lebt in Berlin und im Internet. Als Journalistin spricht Mareice Kaiser am liebsten mit Menschen, stellt Fragen und schreibt (Lebens-)Geschichten auf. Oft geht es dabei um Inklusion, Feminismus, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Aufteilung von Care-Arbeit – und manchmal auch um Drogen auf Spielplätzen. Ihre Artikel erscheinen u.a. im MISSY Magazine, MENSCHEN. das magazin, der Tageszeitung (taz) und dem Berliner Stadtmagazin Zitty. Über ihr inklusives Familienleben als Mutter von zwei Kindern – mit und ohne Behinderung – berichtet sie seit Anfang 2014 auf dem Blog Kaiserinnenreich. Mareice Kaiser spricht öffentlich zu den Themen Inklusion und Vereinbarkeit von Familie und Beruf und twittert als @mareicares.