Es sind beeindruckende Zahlen: Bis zu 250.000 Menschen demonstrierten am vergangenen Wochenende auf der größten Demonstration seit 13 Jahren in den Straßen Berlins gegen das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP. Beeindrucken kann schon seit vielen Wochen auch das Engagement der ehrenamtlichen Helfer in der gegenwärtigen Flüchtlingskrise. Ohne ihre kontinuierlichen Anstrengungen, so viel ist sicher, könnte die mangelhafte Versorgung der schutzbedürftigen Flüchtlinge seitens des Staates schon längst nicht mehr ausgeglichen werden. Nicht minder beeindruckend ist die gewachsene Kampfesbereitschaft deutscher Gewerkschaftler, die öfter dazu bereit sind Tarifkonflikte auch durchzukämpfen. Erinnert sei an die Streikbewegungen der Lokomotivführer und der Beschäftigten in den Sozial- und Erziehungsdiensten.
Zugegeben, das sind sehr unterschiedliche Konfliktfelder. Gemeinsam ist ihnen, dass es sich um traditionelle Gegenstände linker Politik handelt. Angesichts dessen wirkt die These, dass sich Menschen in Deutschland nicht ausreichend für politische Themen und linke politische Standpunkte begeistern könnten, geradezu deplatziert. Vielmehr wird in den zurückliegenden Wochen eine ungeheure Menge an Menschen sichtbar, die sich zumindest gefühlt ganz selbstverständlich in die Nähe linker Politik begibt und eine politische Vertretung einfordert. Sichtbar wird hier, mit einem Wort des Soziologen Wolfgang Streeck, eine „politische Produktivkraft moralischer Empörung“, die von der Linken aufgegriffen werden sollte. Weiterlesen…