Kein Sieg der Demokratie

Anne Straube 1Natürlich war ich vorletzten Mittwoch auch geschockt: Trump als neuer Präsident der USA.

Es war schlicht außerhalb meiner Vorstellungskraft, dass ein offensichtlich rassistischer und sexistischer Lügner eine demokratische Wahl gewinnen könnte. Alle Artikel darüber hielt ich für den Versuch der Medien, ein spannendes Duell herbei zuschreiben.

Das ist eine ist die Sorge vor dem Präsidenten Trump, die mich fassungslos machte. Viel schlimmer fand ich, was die Tatsache, dass ein hemmungsloser Rechtspopulist Wahlen gewinnen kann, grundsätzlich über unsere Gesellschaft aussagt – in den USA und hier.  Weiterlesen…

Trumps Triumph – Ist die Zeit des kleineren Übels vorbei?

© Gerrit Hahn

© Gerrit Hahn

Alle reden über Trumps Triumph, analysieren, werten, spekulieren. Gerade hierzulande sind viele Menschen besorgt, aber es gibt auch verschämte und offene Freude. Endlich habe das Establishment mal so richtig einen verpasst bekommen. Ich glaube allerdings, dass sich der neue Präsident mit der alten Elite – wenn vielleicht auch nicht offen – schnell arrangiert und die bestehenden Machtstrukturen sogar zementiert werden. Am Ende bleiben noch mehr Menschen zurück. Aber Trump wäre wohl nicht Trump, wenn man vorhersagen könnte, was wirklich passiert. Es geht in der Debatte aber längst um viel mehr, als um einen Präsidenten und die USA. Weiterlesen…

Das Ende der Vernunft?

Nicol Ljubić 1Was wir derzeit erleben, ist eine Zäsur und Zeitenwende. Dass Donald Trump der nächste Präsident der Vereinigten Staaten wird, ist nur der vorläufige Höhepunkt einer Entwicklung, die wir, die stets an Vernunft und Verstand geglaubt haben, nicht fassen können. Schon beim Brexit war es so: wir konnten uns nicht vorstellen, dass sich die Brit*innen wirklich für den Austritt aus der Europäischen Union entscheiden würden – bis sie es taten. Bis zuletzt hatte ich – nicht nur im Freundeskreis, sondern auch von sogenannten Expert*innen – gehört: »Das wird nicht passieren, das kann gar nicht sein.« Das Gleiche vor der Wahl in den USA. Bis zuletzt hieß es: »Die Mehrheit wird, wenn es darauf ankommt, Hillary wählen.« Und dann wurde es Trump, ein Mann, der gelogen und beleidigt, der sich rassistisch und sexistisch geäußert und sich der ernsthaften sachlichen Auseinandersetzung verweigert hat. Weiterlesen…

Was heißt hier „Schuld an Trump“?

Jagoda Marinić 1Seit Trump gewonnen hat schreiben viele Journalist*innen selbstkritische Artikel, in denen sie die Schuld bei sich suchen. Sie zählen sich dabei zu irgendeiner nicht näher definierten Elite und fürchten, als solche ignorant gewesen zu sein in den letzten Jahren. Manche nehmen die „Schuld“ gerne auf sich, scheint es. Die Wähler*innen, man sieht es ja in den USA, hätten genug von der Diktatur der politisch Korrekten. Schuld sei, so manche, eine ominöse globale Elite, die lieber New York Times liest als sich mit der Realität vor der Haustür auseinanderzusetzen. Mit dieser Selbstkritik erschaffen Sie eine Klasse, die es so nicht gibt und die anzugreifen jedoch zum Erfolgsrezept der rechten Kräfte gehört.

Man muss schon hart an der Schmerzgrenze der Selbstverleugnung sein, um sich selbst etwas vorzuwerfen, was man sich hart erarbeitet hat, weil es einem ein Wert ist. Während Farage sofort selbstgewiss zu Trump fliegt und im Goldaufzug die Volksnähe predigt, sitzen viele Intellektuelle in Deutschland vor ihren Computern und bezichtigen sich zum Beispiel der kulturellen Gentrifizierung. Nach wie vor wäre deutschen Intellektuellen und Medien eher vorzuwerfen, zu abgeschottet von der globalen Situation zu denken, als zu weltoffen zu sein. Hätten Deutschland und Europa globaler gedacht, wäre man hier nicht von den Menschen auf der Flucht überrascht worden. Viele Medienmacher akzeptieren jetzt den Vorwurf, den die Rechten machen und unterstützen so das Establishment-Bashing, das die rechten Kräfte derzeit erfolgreich auf die Linken projizieren. Weiterlesen…

Trump ist ein Warnschuss. Aber das Motto gilt: Never waste a Crisis!

 

Anke Domscheit-Berg 1Trumps Wahlerfolg ist nicht vom Himmel gefallen. Es gab keinen Bevölkerungsaustausch in den USA und auch kein Brainwash-Programm. Dem großen Entsetzen in der Wahlnacht ging eine jahrzehntelange Entwicklung voraus, die wir auch in Europa und auch in Deutschland beobachten können. Was dort Wählerinnen und Wähler so frustriert hat, dass sie nach dem Motto „nach mir die Sintflut! – Hauptsache, das Establishment wird abgewählt“ mehrheitlich einen unfassbar ungeeigneten und höchst gefährlichen Präsidenten wählten, passiert alles auch hier, nur etwas langsamer. Das gibt uns Zeit aber nicht mehr viel, denn die Auswirkungen sehen wir auch schon bei uns. Aus verbreiteter Skepsis gegenüber Politik und Medien ist eine verbreitete Ablehnung geworden. Aus Stammtischparolen wurde öffentlich geäußerter Hass. Aus rassistischen Parolen wurden Brandstiftungen. Aus Wähler*innen wurden Nichtwähler*innen, aus Nichtwähler*innen wurden AfD-Wähler*innen.

Noch haben sie keine Mehrheiten, aber wer will schon Prognosen zu den Dynamiken äußern, die eine Trump-Wahl auch bei hiesigen nationalen Strömungen in Europa auslöst? Ich werde mich nicht wundern, wenn als nächstes eine rechtsradikale Marine Le Pen Präsidentin in Frankreich wird und irgendwann die erste Koalition zwischen demokratischen konservativen Parteien und AfD Fraktionen in Deutschland auftaucht. Weiterlesen…