Wahlen können Volksentscheide nicht ersetzen

Gregor Hackmack 1Die Wahlbeteiligung hat in allen drei Bundesländern Rekordwerte erreicht. Eigentlich müssten wir den Super-Wahlsonntag in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt als Fest der Demokratie feiern. Doch genau das waren die Landtagswahlen nicht. Denn sie offenbaren die Schwäche einer rein parlamentarischen Demokratie.

Den Rechtspopulisten der AfD ist es gelungen, die Landtagswahlen in eine Volksabstimmung über die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel zu verwandeln. Das hat zwar viele Wählerinnen und Wähler mobilisiert, doch die eigentlichen landespolitischen Themen wie Schule, Bildung oder Verkehr rückten in den Hintergrund.

Die Konsequenz: Wer sich in der Flüchtlingspolitik eindeutig positionierte, wurde belohnt. Malu Dreyer oder Winfried Kretschmann, die sich klar pro Merkel aussprachen, dürfen ihr Ministerpräsidentenamt behalten und waren die strahlenden Gewinner des Wahlabends. Julia Klöckner und Guido Wolf hingegen, die einen Schlingerkurs in Sachen Flüchtlingspolitik fuhren, wurden abgestraft.

Die AfD mit ihrer eindeutigen Anti-Flüchtlingshaltung erhält ein Rekordergebnis und sitzt jetzt ohne wirkliches Programm in allen drei Landtagen. Das ist ein echtes Problem. Denn die Abgeordneten der AfD werden sich wohl eher nicht plötzlich für landespolitische Themen  zu interessieren beginnen und nach den besten Lösungen ringen. Es ist zu befürchten, dass zumindest ein Teil der Abgeordneten ihr Mandat in den nächsten fünf Jahren nutzen werden, um das demokratische System als Ganzes in Frage zu stellen. Rechtspopulisten sind weltweit auf dem Vormarsch. Wir können ihnen nur dadurch wirksam begegnen, wenn wir mehr Demokratie zulassen und somit das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik stärken.

Ja, die Flüchtlingsfrage ist eine Frage, die viele Menschen bewegt. Es stehen zwei Alternativen zur Wahl: Merkels humanitärer Ansatz einer gesamteuropäischen Lösung oder aber die radikale Schließung der nationalen Grenzen bis hin zum Schießbefehl der AfD.

Alle Umfragen, genau wie die klaren Wiederwahlen von Malu Dreyer und Winfried Kretschmann, zeigen hier ein eindeutiges Ergebnis pro Merkel. Wir sollten uns daher auch in schwierigen Fragen nicht vor Volksabstimmungen fürchten und uns stattdessen von Rechtspopulisten treiben lassen. Denn anders als Wahlprogramme, würden Volksentscheide vorab vom Bundesverfassungsgericht auf die Einhaltung von Grundrechten überprüft.

Dieser Superwahlsonntag hat also eines eindeutig gezeigt: wir brauchen bundesweite Volksentscheide. Wahlen sind zu wichtig, um sie als Volksabstimmungen missbrauchen zu lassen.

5 Gedanken zu “Wahlen können Volksentscheide nicht ersetzen

  1. Danke, Gregor, gut auf den Punkt gebracht!

    Doch ich meine – Volksabstimmungen sind zu wichtig, um sie durch die Wahlen zu missbrauchen. Einverstanden?

    Herzliche Grüsse,
    VR

    (einer der in den Wochen jedes dritten Monats abstimmt, und ab und zu mal auch wählt)

  2. Ich finde es schade, dass man die Meinung so vieler Menschen immer wieder so negativ darstellt.

  3. Schade, dass Sie die AFD für ihre gute Idee missbrauchen.
    (aber verständlich, denn der Gedanke „Abgeordnetenwatch“
    oder „Mehr-Demokratie“ verlor mehr und mehr von seinem ursprünglichen Schwung.!)

  4. Guter Artikel!

    Volksabstimmungen waeren toll, aber allein schon ein Gesetzgebungsverfahren und eine offizielle Abstimmung im Parlament ueber verschiedene zur Auswahl stehende Strategien haette das „parlamentarische“ gestaerkt.

    Eine Anmerkung noch:

    „Denn die Abgeordneten der AfD werden sich wohl eher nicht plötzlich für landespolitische Themen zu interessieren beginnen und nach den besten Lösungen ringen.“

    Zumindest im Wahlprogramm fuer Sachsen-Anhalt und BW, gibt es sehr konkrete Vorstellungen zu diesen Themen.

    Und auch das 70-seitige Grundsatzprogramm bietet eine gewisse Orientierungshilfe fuer die sehr konservativen Ziele der Partei.

    Ob diese einem nun gefallen (mir nicht) – oder nicht.

  5. Danke das ist Korrekt aber die Flüchtlinge waren nur noch der grosse Eimer in das schon volle Fass.
    Themen wie Bildung, Gender, Gleichmacherei, TISA, TTIP/CETA, Harz4, Statistik-Verdummung mit Durchschnitten statt Range und Median, Antidemokratische Kultur der Alt-Partein durch Defarmierung, Ignoranz und Ausgrenzung von gewählten Volksvertrettern und dem Souverän (Volk) selbst.
    Alles führt in den fundamentalen Vertrauensbruch.
    Bsp. Statistik: wie fühlen sich im Durchschnitt die 9998, die 10 Euro bekommen und wenn 2Pers. 10 Mio. Euro. bekommen. Im Durschnitt ist doch alles Bestens wie die Durchschnittsgehaltsangaben – Ergo keine Einkommenschere die sich öffnet. Im Durchschnitt ist immer alles OK.

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